Tag 20 ... Frostige Höhen

Tadschikistan

Karakul > Bulunkul.

 

Wir haben kein Auge zugetan! Beim ersten Morgengrauen schälen wir uns aus den so kuschligen Grüezi-Bags, die den absoluten Kältetest bei Minus 7 Grad bestanden haben. Taumelig von der Höhe rühren wir vor der im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubenden Kulisse unser Müsli zusammen, danken dem lieben Gott, dass wenigstens das Auto der TaTours anspringt, um uns anschleppen lassen zu können und nehmen zügig die nächste Etappe nach Murghab in Angriff. Wir wollen einfach nur runter. Am Ortseingang finden wir eine Tankstelle und fragen wegen unseres kaputten Anlassers nach einer Werkstatt – versuchen kann man es ja mal... Der Tankwart fährt voraus, aber dem Anlasser ist in der Werkstatt auch nach eingehender Inspektion des Mechanikers und zahlreicher Hinzugekommener ohne Ersatzteil nicht zu helfen. Wir drehen eine Runde über den Bazar, der sich in und zwischen zahlreichen Containern abspielt, kaufen köstliches Brot und kehren zurück auf den Pamir Highway.

Ein paar Kilometer südlich von Murghab entdecken wir in der Nähe eines Flusslaufes einen kleinen Rastplatz, über dem eine Tigerskulptur auf einem kleinen Felsen trohnt. Wir packen unser Picknick aus und hängen ein paar Sachen zum Trocknen auf, als ein tadschikisches Auto vorfährt und zwei junge Männer beginnen, Steine vor die Öffnung eines verfallenen Gebäudes zu stapeln. Einer von ihnen betrachtet neugierig unsere Motorhaube und bittet darum, ebenfalls unterschreiben zu dürfen. Natan ist Pamir-Kirgise, spricht ganz gut Englisch und erklärt, dass das Grundstück samt Tiger ihm gehöre. Er habe geplant, ein kleines Rasthaus mit Café, Dusche und Reifenwerkstatt zu errichten (vor allem letzteres macht hier absolut Sinn). Aber ihm sei das Geld ausgegangen (als Polizist hat er ein Monatseinkommen von umgerechnet rund 250,- US Dollar) und nun sei die Saison eh so gut wie vorbei, da die Passstraße von und nach Murghab von November bis Januar gesperrt wird. Bis Oktober werden Vorräte gesammelt, damit die Dorfbevölkerung über den Winter kommt.

Wir fragen ihn nach der Beschaffenheit des hiesigen Abschnittes vom Pamir-Highway und bitten ihn um seine Einschätzung, wie weit wir mit unseren vergleichsweise ungeeigneten Autos wohl heute noch kommen. Spätestens morgen müssen wir entscheiden, ob wir durch den Wakhan-Korridor entlang des Hindukusch fahren. Wieder breiten wir die Karte aus und Natan empfiehlt uns, kurz vor dem entscheidenden Abzweig in den Korridor einen Abstecher nach Bulunkul zu machen. Auf dem Weg dorthin sehen wir unsere erste Yak-Herde...

Ein doppeltes Schild am rechten Straßenrand weist irgendwann den 16 km langen Weg nach Bulunkul. Die Sandpiste ist spektakulär, Susanne im Fahrglück! Nichts, aber auch wirklich nichts gegen unseren Caddy, aber wir wünschen uns für diese Strecke dann doch, einen Jeep unter dem Hintern zu haben...

Vor uns taucht der Bulunkul-See auf (der „Hohe See“ liegt auf 3.740 m Höhe), daneben wie hingewürfelt das gleichnamige 200-Seelen-Dorf. Es blitzt auffällig sauber und ordentlich in der Abendsonne, auf den Dächern lagert Heu und hinter den Häusern Yak-Dung als Heizmaterial. Kaum vorstellbar, dass der Ort mit minus 63 Grad Wintertemperatur den Kälterekord Mittelasiens hält...

 

Das kleine Homestay am Ort hat noch Platz für uns und 2 Backpacker aus Belgien. Und es hat eine Dusche, die neben dem Abendessen und Frühstück im Preis von 15,-$ inbegriffen ist. Der Hausherr holt, noch während wir ausladen, ein Schubkarre voll Yak-Dung und heizt den Ofen an. In nur 25 Minuten sei die Dusche bereit. Sie entpuppt sich als Hütte, die außer dem Ofen zwei Bottiche enthält, einen mit kaltem Wasser und einen zum Mischen, eine Kelle und eine kleine Schüssel zum Übergießen. Silke probiert es sofort aus und ist begeistert - Dampfbad inbegriffen!

Niso ruft zum Abendessen und serviert frittierte Forelle aus dem See, landestypische Suppe mit Fleisch, Reis und Gemüse, den üblichen Gurke-Tomaten-Salat mit Koriander, besonders leckeren Kartoffelsalat, Fladenbrot, Yoghurt und Tee. Es wimmelt vor kleiner bunter Teller und Schälchen auf dem mit Teppichen belegten Podest, um die wir uns alle herum knien oder setzen. Es schmeckt großartig, doch die Mengen sind nicht zu bewältigen. Wir versuchen, noch ein bisschen an unserem Blog zu schreiben, aber in der kalten Höhe machen die Laptops die Grätsche und eigentlich lockt nach der vergangenen durchwachten Nacht der Schlafplatz am warmen Ofen auch viel zu sehr. (Daher ist dieser Eintrag wie manch anderer ein Nachtrag, was natürlich vor allem dem nicht vorhandenen Netz zuzuschreiben ist.) 

song des tages

Marvin Gaye & Tammi Terrell: Ain’t no Mountain High Enough

danke an karin



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