Tag 14 ... Orient

Usbekistan

Chiwa > Bukhara.

 

Den Weckruf des Muezzin hören wir zwar, aber wir schaffen es einfach nicht aus dem Bett, obwohl wir uns vorgenommen hatten, vor dem Frühstück das schwache WLAN zum Bloggen zu nutzen. Beim liebevoll zubereiteten Frühstück, das auf wunderschönen Porzellantellern mit blauem Muster serviert wird, treffen wir Tomas. Er spricht uns auf Englisch an und kommt gerade aus Bukhara, unserem nächsten Ziel. Von dort hat er 6 Stunden bis Chiwa gebraucht, mit einem Schnitt von 60 km/h, ohne Pause. Er rät uns dringend, bei Helligkeit in Bukhara anzukommen, da die letzten 50 km katastrophal seien.

 

Doch die historische „Innere Stadt“ lockt und Tomas vermittelt uns spontan eine deutschsprachige Führerin. Samira hat eine Weile in Frankfurt am Goethe-Institut studiert und arbeitet jetzt als Lehrerin für Deutsch und Englisch in Chiwa. Sie zeigt uns stolz "die Stadt ihrer Väter und Vorväter", wie sie sie selber bezeichnet. Wir bewundern die vielen weißen und blauen Fliesen an den verschiedenen Bauwerken und sie erklärt uns, dass Blau den Himmel und Weiß den Frieden symbolisiert. Sie führt uns in einen Kunsthandwerker-Hof, in dem Männer traditionelle Buchstützen für den Koran fertigen (die bis zu 11 Mal um- und aufgeklappt werden können) und wunderschöne Schneidebretter schnitzen. Umgeben von so viel Holz denken wir besonders an Josef Balk, der uns im fernen Vilsbiburg begleitet ;-).

 

Uns interessiert vor allem Samiras Alltag als Muslimin und das Thema Zwangsheirat insbesondere. Tatsächlich wurde auch diese aufgeschlossene, gebildete und kluge Frau schon als Kind einem weit entfernten Vetter versprochen. Obwohl beide jemand anderes liebten, mussten sie sich dem Willen der Familien beugen und vor drei Jahren heiraten. Samira verdient wesentlich mehr Geld als ihr Mann (umgerechnet 150,- US Dollar pro Monat als Lehrerin und ein Zubrot als Guide). Sie macht kein Geheimnis daraus, dass sie und ihr Mann oft streiten - er kontrolliert sie und misstraut ihr. Sie würde gerne auch außerhalb Chiwas als Guide arbeiten, doch eine Übernachtung ohne ihren Mann jenseits ihres Hauses ist undenkbar. Sie darf sich nicht einmal mit Freundinnen treffen, räumt aber ein, dass es Familien in Chiwa gibt, die weniger traditionell sind, als ihre eigenen Eltern und Schwiegereltern. Frauen in größeren Städten, wie Bukhara und Urgench, haben tendenziell ebenfalls mehr Freiheiten. Samira kämpft nun für eine bessere Zukunft für ihre anderthalbjährige Tochter, der sie unbedingt eine gute Ausbildung und Auslandserfahrung ermöglichen will.

 

Da uns die letzten, dunklen Kilometer nach Chiwa noch in den Knochen stecken, nehmen wir uns Tomas’ Rat zu Herzen und verabschieden uns am frühen Mittag von Samira. Lange, lange fahren wir durch die staubige Wüste am Amurdayo entlang, der hier die Grenze zu Turkmenistan bildet. Die Straßen sind zunächst in gutem Zustand und nicht stark befahren. Irgendwann bricht die Fahrbahn, wie so oft, einfach ab und wir stecken (dank unserer nicht vorhandenen Bodenfreiheit!) einfach so im Wüstensand fest. Wir blockieren sämtliche nachfolgenden Einheimischen, die das aber überhaupt nicht zu stören scheint. Sie freuen sich über die Abwechslung, machen Handyfotos und schieben mit an, als TaTour uns aus dem weißen Sand zieht. Unter großem Jubel der Usbeken verstauen wir unser Abschleppseil und fahren weiter Richtung Süden. Irgendwann wird es wieder grün um uns herum, aber es bleibt staubig. Wir passieren endlose Baumwollfelder - die Ernte ist in vollem Gange und der Grund dafür, warum Diesel derzeit besonders knapp ist.

 

Die geplante Tagesetappe haben wir mal wieder völlig unterschätzt. Die Pause am Nachmittag war viel zu lang, aber die Raststätte an der Straße auch besonders schön. Außerdem brauchen wir grundsätzlich wesentlich länger für die Strecke als die Usbeken, die mit ihren weißen Chevrolets und Dacias über die löchrigen und holprigen Straßen rasen, als wären sie mit glattestem Asphalt belegt. Wieder schaffen wir es erst nach Einbruch der Dunkelheit zum nächsten Ziel, einem B&B direkt neben dem Stadion in Bukhara, in dem bei unserer Ankunft unüberhörbar ein Samstagsspiel stattfindet.

song des tages

The Band Perry:

"Gentle on my Mind"

Danke an christiane



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Kommentare: 1
  • #1

    anneliese-siegle@t-online.de (Sonntag, 17 September 2017 11:29)

    Liebe TaChicks, ich bin total begeistert. Jetzt habe ich Euren Blog einfach auf meinem PC neu aufgerufen (manchmal stelle ich mich bisschen doof an) und Eure neuen Texte und Fotos ganz atemlos gelesen und angesehen. Ihr macht das großartig. Vor allem gefällt es mir sehr, dass Ihr so kommunikativ mit den anderen Teams verkehrt. So habt Ihr viele einheimische Begegnungen, seid aber auch mit den Teilnehmern der Rallye verbunden.
    Ich wünsche Euch ganz viel Glück für die weitere Reise, während ich jetzt so profan einen Spaziergang nach Blutenburg unternehme. Ist ja fast schon bräsig!
    Herzliche Grüße, Ihr bereichert direkt mein Leben!
    Anneliese Siegle